Ziel |
Sozialhilfe
ist Existenzsicherung und Integration.
Die Sozialhilfe versteht sich als unterstes Netz der sozialen Sicherheit,
das verhindert, dass Personen oder Personengruppen von der Teilnahme
und Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Sie trägt
wesentlich dazu bei, die Grundlagen unseres demokratischen Staates zu
erhalten und den sozialen Frieden zu sichern.
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Versicherte
Personen |
Da
es sich bei der Sozialhilfe nicht um eine Versicherung handelt, gibt
es hier keine versicherten Personen. Nutzniesser/innen der öffentlichen
Sozialhilfe sind alle Bedürftigen mit Wohnsitz in der Schweiz (Schweizer/innen,
Ausländer/innen, Flüchtlinge und Asylbewerber/innen).
Als bedürftig im materiellen Sinn gilt eine Person, welche für
sich und ihre unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht über
genügend Mittel zur Befriedigung notwendiger Lebensbedürfnisse
verfügt. Folglich muss neben einer gesetzlichen Grundlage stets
eine Notlage der betreffenden Person bestehen, bis diese an die Sozialhilfebehörde
gelangen kann. Hierbei spielt das Selbstverschulden keine Rolle.
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Organisation |
Die
öffentliche Sozialhilfe fällt im Wesentlichen in den Zuständigkeitsbereich
der Kantone. Lediglich die Betreuung und Unterstützung der Asylbewerber/innen
sowie zwischenstaatliche und internationale Vereinbarungen sind in diesem
Bereich Sache des Bundes.
Die staatliche Aufgabe der Sozialhilfe ist in den meisten Kantonen den
Gemeinden überlassen. Der Vollzug der Sozialhilfe ist deshalb in
den jeweiligen Kantonen und Gemeinden sehr unterschiedlich geregelt.
Die Gemeinden verfügen über grosse Handlungsspielräume,
wobei die SKOS-Richtlinien eine wertvolle Harmonisierungsfunktion wahrnehmen.
Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe SKOS ist quasi das
Holdingdach über die einzelnen Sozialhilfeorgane. Seit 1963
gibt sie Richtlinien für die Bemessung von finanziellen Fürsorgeleistungen
heraus, letztmals revidiert wurden sie per
2011.
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Beitragspflicht |
Da
die Sozialhilfe keine Versicherung ist, entfällt die direkte Beitragspflicht
der Bevölkerung. Die öffentliche Sozialhilfe wird über
Steuergelder finanziert.
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Beitragsbemessung |
vgl.
Beitragspflicht.
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Anspruchsvoraussetzungen |
Im
Gegensatz zu den Sozialversicherungen und dem Bedarfsrentensystem der
Versorgung (z.B. den Ergänzungsleistungen zur AHV/IV), wo
gezielt nach gesetzlichen Vorgaben Lücken geschlossen werden, fällt
in der Sozialhilfe der Betreuung und dem Ermessen zentrale Bedeutung
zu. Das systemleitende Prinzip der Individualisierung verlangt, dass
Hilfeleistungen jedem einzelnen Fall angepasst sind und sowohl den Zielen
der Sozialhilfe im Allgemeinen als auch den Zielen der betroffenen Person
im Besonderen entsprechen.
Die Sozialhilfe soll einer Notlage abhelfen, die individuell, konkret
und aktuell ist. Der Hilfe darf nicht von den Ursachen der Notlage abhängig
gemacht werden. Die Sozialhilfeleistungen werden nur für die
Gegenwart und sofern die Notlage anhält für die Zukunft ausgerichtet.
Dabei sollen unterstützte Personen materiell nicht besser, aber
auch nicht schlechter gestellt werden als Menschen in ihrer Umgebung,
die ohne Sozialhilfeleistungen in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen
leben.
Subsidiarität
Sozialhilfe wird dann gewährt, wenn die bedürftige Person
sich nicht selbst helfen kann, und wenn die Hilfe von dritter Seite
nicht oder nicht rechtzeitig erhältlich ist. Es besteht somit kein
Wahlrecht zwischen vorrangigen Hilfsquellen und der Sozialhilfe.
Zuständige Sozialhilfebehörde
Im interkantonalen Verhältnis gilt bezüglich Unterstützung
hilfsbedürftiger Schweizer Bürger/innen (wie auch für
Ausländer/innen) das Prinzip der wohnörtlichen Unterstützung.
Er – bzw. die zuständige Gemeinde – ist
für die Hilfeleistung zuständig (soweit dessen Gesetzgebung,
das Bundesrecht und völkerrechtliche Verträge für Angehörige
anderer Staaten nichts Spezielles vorsehen).
Aufenthalt in Heimen und Spitälern
Der Aufenthalt in einem Heim, Spital oder einer anderen Institution
sowie die Unterbringung einer volljährigen Person in einer Pflegefamilie
begründen keinen Unterstützungswohnsitz. Dies ungeachtet davon,
ob dieser Aufenthalt freiwillig oder unfreiwillig erfolgt.
Fehlender Unterstützungswohnsitz
Das ZUG (Bundesgesetz über die Zuständigkeit) von 1990
regelt, dass für diejenigen Bedürftigen, die keinen Unterstützungswohnsitz
haben, der Aufenthaltskanton für die Unterstützung zuständig
ist.
Notfallhilfe
Der Aufenthaltskanton ist unterstützungspflichtig, wenn eine Person
mit Schweizer Bürgerrecht ausserhalb ihres Wohnkantons auf die
sofortige Hilfe angewiesen ist. Die Notfallregelung gilt nur noch für
Personen mit Unterstützungswohnsitz in einem anderen Kanton. Für
Bedürftige ohne Unterstützungswohnsitz ist der Aufenthaltskanton
ohnehin zu umfassender Hilfe verpflichtet.
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Leistungen |
Im
Gegensatz zu den Berechnungsformen betreibungs- oder sozialversicherungsrechtlicher
Existenzminima, kennt die Sozialhilfe keinen allgemeinverbindlichen
Berechnungsmodus, den man auf dem Kalkulationsblatt oder in einem
Schema wiedergeben könnte.
Die öffentliche Sozialhilfe wendet das Prinzip der Individualisierung
an. Dies bedeutet, dass die Leistungen auf die einzelne bedürftige
Person, ihre Angehörigen und ihre soziale Situation bezogen sind.
Die Organe der öffentlichen Sozialhilfe haben die Verhältnisse
der hilfesuchenden Person sorgfältig zu prüfen, die Ursachen
der Notlage zu ermitteln und diese nach Möglichkeit zu beseitigen
- ohne sich dabei in eine Richterrolle zu begeben.
Übersicht / Richtlinien der SKOS
Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe SKOS gibt
seit 1963 Richtlinien für die Bemessung von finanziellen Fürsorgeleistungen
heraus. Es handelt sich dabei um kommentierte Empfehlungen zuhanden
der Sozialhilfeorgane des Bundes, der Kantone und der Gemeinden. Die SKOS-Richtlinien
werden von der überwiegenden Mehrheit der Sozialhilfeorgane angewendet
und tragen wesentlich zu einer einheitlichen Behandlung der Hilfesuchenden
bei.
Die empfohlenen Beträge für den Grundbedarf vgl. PDF-Datei «Grenzwerte 2013».
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Verfahren
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Geltendmachen
des Anspruchs
Zu bedenken gilt es, dass jeder Mensch in eine Situation gelangen kann,
da er psychische und/oder soziale Hilfe braucht. Durch das zeitige Aufsuchen
einer Beratungsstelle können viele Probleme mit relativ kleinem
Aufwand und günstigen Prognosen aufgearbeitet werden.
Bedarf jemand der Beratung und/oder Hilfe, kann sich die betreffende
Person an der von der Wohngemeinde bezeichneten Stelle melden. Diese
prüft ihre Zuständigkeit von Amtes wegen. Nach Abklärung
der Verhältnisse plant das Sozialhilfeorgan unter Mitwirkung
der hilfesuchenden Person die notwendige Hilfe. Sobald die Verhältnisse
genügend geklärt sind, trifft das Sozialhilfeorgan
ihren Entscheid.
Den Sozialhilfeorganen wird auch von der SKOS empfohlen, die allgemeinen
Rechte und Pflichten von Sozialhilfesuchenden auf einem Merkblatt festzuhalten
und dieses den Sozialhilfesuchenden und ihren Vertretern abzugeben.
Parallel zur öffentlichen Sozialhilfe dienen oft auch Institutionen
der privaten Sozialhilfe als Anlaufstelle für Hilfesuchende.
Im Gegensatz zur öffentlichen Sozialhilfe, hat hier die betroffene
Person keinen klagbaren Anspruch auf Leistungen.
Eheliche
und elterliche Unterhaltspflicht
Eheleute sorgen gemeinsam, jeder nach seinen Kräften, für
den gebührenden Unterhalt der Familie (ZGB 163ff). Verzichtet
eine unterstützte Person auf eheliche Unterhaltsbeiträge,
obwohl der Ehegatte offensichtlich solche leisten könnte, muss
sie sich einen angemessenen Betrag anrechnen lassen. Im Umfang dieses
Betrags besteht im Sinne des Subsidiaritätsprinzips keine Bedürftigkeit.
Die Eltern haben für den Unterhalt des Kindes aufzukommen,
auch für die Kosten von Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen
(ZGB 276/1). Trägt die Sozialhilfe die Kosten für den Unterhalt
von fremdplatzierten oder von mündigen, noch in Erstausbildung
stehenden Kindern (ZGB 227/2), hat die Behörde gestützt auf
ZGB 289/2 die Beiträge für die Dauer der Fremdplatzierung
oder Erstausbildung von den Eltern einzufordern.
Verwandten-Unterstützungsbeitrag
Die gegenseitige familienrechtliche Unterstützungspflicht (Verwandtenunterstützung)
in auf- und absteigender Linie (Kind – Eltern – Grosseltern)
ist im ZGB (328 – 329) geregelt.
Unterstützungspflichtig sind in erster Linie Eltern gegenüber
(unmündigen) Kindern und umgekehrt.
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Weder
pflichtig noch unterstützungsberechtigt sind Geschwister, Stiefeltern
und Stiefkinder sowie verschwägerte Personen.
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Beitragsleistungen
sollen lediglich von Verwandten mit überdurchschnittlichem Einkommen
bzw. Vermögen – gestützt auf die Angaben der
Steuerbehörde – geprüft werden.
Rechtsmittel
Gestützt auf das kantonale Prozessrecht gewährt das zuständige
Sozialhilfeorgan Unterstützungsleistungen mittels einer Verfügung.
Im Gegensatz zu den Sozialversicherungen besteht jedoch kein Anspruch
auf einen Geldbetrag, sondern lediglich ein Anspruch auf situationsgerechte
Hilfe, die auch im Angebot von Natural- oder Dienstleistungen bestehen
kann.
Ist die hilfesuchende Person mit der Bemessung der Unterstützung
bzw. dem ausbezahlten Betrag nicht einverstanden, hat sie Anspruch auf
eine schriftlich begründete Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung.
Der Rechtsweg ist im kantonalen Sozialhilfegesetz geregelt.
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Links/Literatur |
SKOS-Richtlinien, Schweiz. Konferenz für Sozialhilfe, SKOS, 3000 Bern, (www.skos.ch)
Habe ich Anspruch auf Sozialhilfe? Beobachter, Zürich
Leitfaden
Schweizerische Sozialversicherung (13. Auflage, August 2013),
Gertrud E. Bollier und Beat Conrad; vgl. Liste «Leitfaden
bestellen»
«Assi 2014» Büchlein von Peter Meier, Martin Wechsel und Peter Thomann, Selbstverlag: Stiftung zum Schutz der Versicherten, Postfach 129, 6034 Inwil, www.assistiftung.ch
«Jahrbuch der Sozialversicherungen 2014» (auch in Französisch, Italienisch und Englisch erhältlich
hrm4you GmbH, Luzern, www.hrm4you.ch, vgl. Liste «Jahrbuch der Sozialversicherungen bestellen».
«Schweizer Sozialversicherung» vierteljährlich erscheinende Fachzeitschrift mit elektronischem Update-Service Sozialversicherung aktuell, alle zwei Wochen
VPS Verlag Schweizer Personalvorsorge und Sozialversicherung, Luzern, www.vps.ch
vgl. Liste «Updates Sozialvers.».
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www.skos.ch
Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe: Richtsätze für die Bemessung der Sozialhilfe
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www.bfs.admin.ch
Bundesamt für Statistik: insbesondere Themenbereiche 13, 18 und 20 mit interessanten Kennzahlen
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www.sozialinfo.ch
Internetportal Sozialwesen Schweiz: Fachbeiträge, Ausbildungsangebote, Suchregister
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www.infostelle.ch
Informationsstelle des Züricher Sozialwesens: Boschüren, Verzeichnisse, Presseschau
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www.staedteinitiative.ch
Die Städte-Initiative Sozialpolitik vernetzt rund 50 Mitgliederstädte. Sie vertreten ihre sozialpolitischen Anliegen gegenüber dem Bund und den Kantonen -> Positionspapiere, aufschlussreiche Jahresberichte
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www.sozialzeitausweis.ch
Forum Freiwilligenarbeit
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www.weblaw.ch/Sozialhilferecht
Datenbank zum Sozialhilferecht mit Zugriff auf die letztinstanzlichen kantonalen Gerichtsentscheide im Sozialhilferecht sowie auf jene des Bundesgerichts ab 1975. Sie wird halbjährlich aktualisiert und ist so ein praktischer und zuverlässiger informationspool für Fachpersonen
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www.dock-gruppe.ch
Sozialfirma im Industriebereich, die aus der Stiftung für Arbeit hervorgegangen ist. Sie bietet in St. Gallen, Arbon, Zürich, Winterthur, Luzern und Basel Stadt Arbeit im Taglohnbetrieben, wo die Mitarbeitenden wieder Tritt im Berufsalltag fassen können; dies unter dem Motto weg von der Sozialhilfe.
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www.netzwerk-arbeit.ch
Arbeitgeber bekennen sich dazu, Menschen mit Behinderungen eine Chance zu geben. Sie vernetzen sich innerhalb des Kantons und bieten auch Testarbeitsplätze an.
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